Seelensucher
Abstracts
Die Referentinnen, Referenten und Künstlerinnen:
Lazslo Ávila | Walter Feldmann | Rainer Funk | Lilli Gast
Michael Giefer | Lutz Götzmann | Walter H. Krause
Ole Lauridsen | Kerstin Lohmann | Katrin Max | Samuel Müller
Peter L. Rudnytsky | Barbara Rüttner Götzmann | Rainer Stange
Podiumsdiskussion | Willkommen im Satanarium
Lazslo Ávila
Master in Social Psychology (MA), Doctor in Clinical (PhD), Professor an der Medical College of Sao Jose do Rio Preto, Brasilien, Psychoanalytiker
Thema: Treating suffering People with Groddeckian Principles
Abstract: Groddecks Ideen sind noch immer lebendig. Der Genius dieses Arztes und Psycho­analytikers erfährt seine gebührende Würdigung, wenn wir seine Erkenntnisse und Therapie­methoden anwenden. In meinem Vortrag werde ich vier Patienten mit ihren physischen Beschwerden vorstellen und die versteckten Wurzeln ihrer Leiden unter Anwendung von seinen Behandlungsansatz beschreiben. Die Gesamtheit menschlichen Seins, Seele und Körper einander durchdringend, beides Ausdruck desselben Es, das uns lebt, ist das Herzstück von Groddecks Beitrag zu unserem Wohlfühlen und unserer Entwicklung. Er verfasste auch Ab­handlungen über Kunst, Literatur und zu gemeinnütziger Zusammenarbeit, die das Verständ­nis für unser gesamtes Leben erweitern. Die Anwendung von Groddecks Ansätzen in der psychosomatischen Psychotherapie zeigt, wie wir Menschen helfen und von Nutzen sein können, indem wir „gemeinsam mit dem Kranken lernen”.
Walter Feldmann
Flötist, Musikpädagoge und Komponist. Studium an der Universität Zürich (Französisch, Latein, Musikwissenschaft). Flötenstudium bei Dominique Hunziker in Aarau. Unterrichtet begeistert Querflöte an der Alten Kantonsschule Aarau. Lebt und arbeitet in Zürich.
Thema: Groddeck – Anregungen für die Musikpädagogik. Glücksfälle und Irrtümer
Abstract: Sind Widerstände im Instrumentalunterricht, die ein Weiterkommen verhindern, der Krankheit vergleichbar? Wie können sie überwunden werden? Ist „psychosomatisch bewusster Unterricht“ in unseren Schulsystemen möglich und angebracht? Anhand einiger Beispiele sollen Wege gezeigt werden, wie das Groddecksche Gedankengut gewinnbringend in die Musikpädagogik eingebracht werden kann. Dabei sollen auch kritische Gedanken zu den Grenzen solchen Handelns nicht unerwähnt bleiben.
Zur Einstimmung spielt der Referent ...explosante-fixe... (Originel) für Flöte allein (1971), ein Werk über den Ton ES von Pierre Boulez, der diesen Frühling in Baden-Baden verstorben ist.
Rainer Funk 
Dr. phil., Psychoanalytiker, im Vorstand der Internationalen Erich Fromm-Gesellschaft
Lilli Gast 
Prof. Dr. phil., Vize-Präsidentin der International Psychoanalytic University Berlin
Michael Giefer 
Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalytiker, im Vorstand der Georg Groddeck-Gesellschaft, Herausgeber mehrerer Bände der Groddeck-Werkausgabe.
Thema: Georg Groddeck in Berlin.
Abstract: Groddeck studierte in Berlin und war hier Assistent bei seinem Lehrer Prof. Schweninger. In späteren Jahren war er vielfach zu Vorträgen in der Stadt.
Thema: Das Es bei Groddeck und Freud
Abstract: Groddeck hatte Freud 1917 mit seiner Arbeitshypothese vom Es bekannt gemacht. Dieser verwandte Groddecks Begriff modifiziert für sein zweites topisches Strukturmodell der Psyche. Groddecks Idee vom Es ist hingegen umfassender, diente ihm zur Erklärung der dynamischen Wechselwirkung von Leib und Seele und ermöglichte ihm, sich zu erklären, weshalb er mit Gesprächen auf organische Prozesse Einfluß nehmen konnte. Ausgehend von Spinozas Identitätstheorie vertrat er einen Monismus, bei dem Körper und Seele nur zwei unterschied­liche Erscheinungsformen der gleichen Substanz sind und keine getrennten Entitäten wie in der vorherrschenden cartesianischen Denkweise. Sein Es repräsentiert die Dynamik alles Lebendigen in einem Menschen.
Lutz Götzmann 
Prof. Dr., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Klinik für Psychosomatische Medizin & Psychotherapie Bad Segeberg.
Thema: Symptom und Symbolisierung in der stationären Psychosomatik
Abstract: Groddecks Symbolbegriff beruft sich auf die dramatischen Künste: Der Körper als die Bühne für das psychische Schauspiel. Mit der Frage, ob die Akteure ihr Stück überleben oder, wie zeitweise üblich, sterben, wenn auf den Brettern, welche die Welt bedeuten, gemordet wird, werde ich das Groddecksche Symbol als psycho-physischen Signifikanten einer Kette begreifen, der, wie Lacan sagen würde, dank eines „Point de Capiton“ (Polsterstich) das unbewusste Es mit seinen Körper-Manifestationen bis zur unauflöslichen Identität vernäht. Dieser Symbolbegriff wird eingebettet in eine Theorie der psychosomatischen Totalität, die das ganzheitliche Denken Groddecks in der irritierenden Verbindung aus Archaik und Post-Modernität reflektiert. Auf die klinische Evidenz wird hingewiesen.
Walter H. Krause 
Prof. Dr. med., MA Philosophie, FA Innere Medizin, Psychotherapeutische Medizin, Ltd. Arzt (i.R.) eines „Akut-Krankenhauses“ und einer Reha-Klinik. Zur Zeit Dozent am Philosophikum für Medizinstudenten der Julius-Maximilian-Universität Würzburg. Im Vorstand der Georg Groddeck-Gesellschaft.
Thema: Erich Fromm und Georg Groddeck – eine Begegnung
Abstract: Groddeck war der deutlich ältere als Erich Fromm. Groddecks Einfluss auf Fromm ist unübersehbar. Anlässlich Groddecks Tod schreibt Fromm aus New York an Frau Groddeck: „Er war als Mensch so groß, daß man erst in zweiter Linie an den Psychologen denkt. (...) Jedes Gespräch mit ihm war eine Quelle neuer Einsichten; er sah den Menschen in einer Tiefe und Breite, wie es nur seine eigene Menschlichkeit möglich machen konnte.“
Ole Lauridsen 
Associate Professor, Center for Undervisning og Læring (CUL), Aarhus Universitet School of Business and Social Sciences, Dänemark
Thema: Georg Groddeck, ich und es – ein Beitrag im Plauderton
Abstract: Meine Begegnung mit Georg Groddeck liegt fast 20 Jahre zurück. Eine zufällige Be­gegnung? Kann sein – wenn man an Zufälle glaubt. Ich eigentlich nicht: Ich bin überzeugt, dass mich mein Es in diese Richtung gesteuert hat und dass Es nach wie vor herumspukt. Für mich spielt Groddeck seit unserer Begegnung eine groβe Rolle, und in meinem Beitrag werde ich darüber berichten: Die erste wahnsinnige Lektüre vom „Buch vom Es“ und dessen Bedeu­tung für mich damals wie heute; der Versuch, das Werk zu übersetzen; die Begegnung mit Nancy Bratt, einer schwedisch-dänischen Psychologin, die als sehr jung bei Groddeck in Behandlung war und Texte von ihm ins Schwedische übersetzt hat (die ich dann ins Deutsche rückübersetzt habe). Kunterbunt? Zum Teil – ganz im Sinne von Groddeck.
Kerstin Lohmann 
Dipl. Psych., Psychoanalytische Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin
Thema: Körperpsychotherapie oder psychoanalytische Behandlung? Zur Einbeziehung der körperlichen Dimension in den psychotherapeutischen Prozess.
Abstract: Die seit Jahren kontrovers geführte Diskussion zur Integration körperpsychotherapeutischer Methoden in die analytische Psychotherapie ist durch Skepsis, viele Missverständnisse und Widersprüche beeinträchtigt. Berührung und Bewegung stellen wesentliche Unterschiede zwischen einer „rein verbalen“ psychoanalytischen Behandlungs­technik und einem körperorientierten Psychotherapieverfahren dar. An kurzen Fallvignetten werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Einbeziehung der körperlichen Dimension in die körperpsychotherapeutische Behandlung (am Beispiel der Funktionellen Entspannung als körperpsychotherapeutisches Verfahren) und einer psychoanalytischen Behandlung illustriert.
Katrin Max 
PD Dr., Vertretungsprofessorin für Neuere deutsche Literatur (Schwerpunkt KJL) am Institut für Germanistik der Universität Leipzig. Sie wurde 2007 mit einer Arbeit zur Funktion von Krankheitsmotiven bei Thomas Mann promoviert und habilitierte sich 2015 über „Bürgerlichkeit und bürgerliche Kultur in der Literatur der DDR“. Das Thema „Literatur und Medizin“ stellt einen ihrer Forschungsschwerpunkte dar.
Thema: Die Seele als „krankheitbildende Macht“. Zur Rezeption Georg Groddecks bei Thomas Mann und Uwe Tellkamp
Abstract: Georg Groddeck hat sich nicht nur selbst als schreibender Arzt schriftstellerisch betätigt und seine Psychosomatikkonzeption literarisch vermittelt; seine Ansichten von der Wirkung der Seele auf den Körper wurden auch von verschiedenen Autoren bis in die Gegen­wart hinein immer wieder aufgegriffen und der künstlerischen Deutung dienstbar gemacht. Der Vortrag zeigt anhand zweier konkreter Beispiele, inwiefern Georg Groddeck für die Inter­pretation literarischer Texte von Interesse ist. Dabei werden Thomas Manns Roman Der Zauberberg (1924) und Uwe Tellkamps Roman Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land (2008) in den Blick genommen. Beide Texte beziehen sich auf Groddecks Psycho­somatik­lehre und integrieren diese jeweils in das Romangeschehen. Dabei erfolgen unter­schied­liche Akzentuierungen. So wird im Zauberberg thematisiert, wie die Seele als „krankheitbildende Macht“ wirken kann. Im Lichte Groddecks wird dabei das Postulat vom Primat des Körpers in Zweifel gezogen. In Der Turm erfahren Groddeck und sein Werk hingegen eine Semantisierung im politisch-ökonomischen wie auch im soziologischen Zusammenhang der DDR-Gesellschaft, wodurch nicht zuletzt auf die ideelle Verankerung des Dresdner Residualbürgertums im frühen 20. Jahrhundert verwiesen wird.
Samuel Müller 
Dr. phil., Geschäftsführer Forum für Edition und Erschließung (FEE) im Deutschen Seminar der Universität Basel. Herausgeber von Das Buch vom Es in der Georg Groddeck-Werkausgabe.
Thema: Die Kreise des Es
Abstract: Wie kann Groddecks Es im Konflikt mit Freud, der zwischen Prioritätenstreit und Lehrer-Schüler-(Miss-)verhältnis oszilliert, ent- und bestehen?
Peter L. Rudnytsky 
Professor für Englisch an der University of Florida und Honorary Member of the American Psychoanalytic Association. Von 2001 bis 2011 war er Herausgeber der American Imago. Er ist u.a. Verfasser von Reading Psychoanalysis: Freud, Rank, Ferenczi, Groddeck (2003) und Mutual Analysis: Ferenczi, Severn, and the Origins of Trauma Theory (2016). Er ist Mitherausgeber der Reihe History of Psychoanalysis bei Karnac und der Reihe Psychoanalytic Horizons bei Bloomsbury.
Thema: Groddecks Lehren
Abstract: In seinem Beitrag legt er dar, was man von Groddeck für heute lernen kann. Er betont den gegenwärtigen Wert des Buch vom Es und Groddecks Bedeutung für die Geschichte der Psychoanalyse.
Barbara Rüttner Götzmann 
Prof. Dr. med., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Psychoanalytikerin (IPV/ SGPsa) und Focusingtherapeutin (DAF). Die psychoanalytische Ausbildung erfolgte am Freud-Institut in Zürich. Sie arbeitet als Vertretungsprofessorin für Klinische Psychologie und psychoanalytische Psychotherapie an der Medical School Hamburg sowie in einer psychotherapeutisch-psycho­analytischen Praxis in Bad Segeberg.
Thema: Groddeck – Focusing – Psychoanalyse: Einige Anleitungen zum Sprung ins Imaginäre
Abstract: Groddeck sieht Erkrankung wie Heilung als schöpferischen Akt der Kräfte des Es. Die Focusingtechnik bietet einen Zugang zu einem inneren körperlichen Erleben, welches sich in den Tiefen der Seele in einem imaginären Raum entfaltet. Dieser imaginäre Raum basiert auf frühesten, präverbalen Spiegelerfahrungen mit den Primärobjekten und bildet die Grundlage eines körperlichen Protoselbst, indem körperliche und seelische Zustände eine Einheit bilden und die Kräfte des Es wirksam sind. Der Sprung ins Imaginäre schafft einen Zugang zu diesen uranfänglichen im Körperlichen abgebildeten Erfahrungen und dient als Basis einer ganzheit­lichen Psychosomatik. Anhand von klinischen Beispielen und einer kleinen Übung soll ein Einblick in eine spezielle Behandlungstechnik und deren Integration in die psychoanalytische Arbeit mit Patienten vermittelt werden.
Rainer Stange
Dr. med., Internist und Experte für Naturheilverfahren und physikalische Therapie, Diplom-Physiker. Er arbeitet seit 1984 als Arzt im Bereich Naturheilkunde, seit 2001 gehört er der Abteilung Naturheilkunde des Immanuel Krankenhauses Berlin an, seit 2009 als Leitender Arzt.
Thema: Georg Groddeck – Begründer einer ‚Ganzheitlichkeit‘ von Naturheilkunde und Psychoanalyse oder vergessener Avantgardist?
Abstract: Schon seine einjährige klinische Weiterbildungszeit und die Anfertigung einer Dissertation unter Prof. Ernst Schweninger an der damals weltberühmten Charité in Berlin prädestinierten Groddeck zu einem zumindest auch naturheilkundlich tätigen Arzt. Kurz danach konnte er in den folgenden immerhin 34 Jahren als Leiter des Sanatoriums Marienhöhe in Baden-Baden alle Kombinationen von Ernährungstherapie, Bädern, Massagen mit Psychotherapie kombinieren – was auch heute bei einschlägig betroffenen Patienten intuitiv wie explizit auf größte Zustimmung stößt.
 
Für einige Vertreter der heutigen Naturheilkunde stellt der „Heiler von Baden-Baden“ nahezu einen Idealtypus dar, der die intellektuell wesentlich verstiegeneren Wege der Psychoanalyse mit bodenständigem medizinischem Baumaterial unterfüttert. Der Mehrheit dürfte er dagegen allenfalls rudimentär bekannt sein.
 
Sein Vermächtnis, die uns heute so bedrängenden Patienten mit psychischen Störungen auch mit unterschiedlichsten körperlich-leiblichen Erfahrungen zu konfrontieren, ist aktueller denn je. Die körperorientierte Psychotherapie ist dem bislang nur auf einer Ebene gerecht geworden, sie findet ihre natürliche Fortsetzung in aktiver Bewegungstherapie. Weitere Beiträge etwa aus der Ernährungstherapie einschließlich Fasten sind wissenschaftlich völlig unklar, aus der von Groddeck geschätzten Massage ebenso wie der Balneologie allenfalls rudimentär erforscht und genutzt.
Podiumsdiskussion: Psychotherapie zwischen Wissenschaft und Kunst
Teilnehmer: Rainer Funk, Lilli Gast, Lutz Götzmann, N.N.
Abstract: Psychotherapeutisches Arbeiten bewegt sich heute wie zu Groddecks Zeiten zwischen wissenschaftlichem Anspruch und ärztlicher Kunst. Groddeck trat immer vehement für die ärztliche Kunst ein und betrachtete die Verwissenschaftlichung als einen Prozess des Gesetzemachens, der neue Entdeckungen behindert und die Beziehung zwischen Patient und Arzt durch Schematisierung verfälscht. Er bemühte sich, beim Erkrankten im therapeutischen Prozess dessen Subjektsein wiederzuentdecken.
Wie lässt sich der Kanon psychoanalytischer Theorie und ihrer wissenschaftlichen Begründung mit der individuellen Praxis verknüpfen? Wie ist es heute, in Zeiten ständiger wissenschaftlicher Evaluierung, um die therapeutische Kunst bestellt?
„Willkommen im Satanarium, Baden-Badener Lehrstück“ 
Uraufführung. Text Otto Jägersberg, Musik Violeta Dinescu.
Anne Horstmann (Flöte), Dörte Nienstedt (Flöte) und Mirjana Petercol (Akkordeon)
Violeta Dinescu, Pianistin und Komponistin, seit 1996 Professur für angewandte Komposition an der Universität Oldenburg. Zahlreiche internationale Preise und Auszeichnungen für ihre Kompositionen.
Anne Horstmann, Flötistin, präsentiert Literatur und Erzählungen in Verbindung mit Musik. Sie arbeitet mit Komponist*innen zusammen und bringt für sie geschriebene Werke zur Aufführung.
Dörte Nienstedt, zusammen mit Anne Horstmann Gründerin von „Neue Flötentöne“ – zeitgenössische Musik für Blockflöten und Querflöten. Lehraufträge u.a. an der HfK Bremen.
Mirjana Petercol, examinierte Konzertsolistin, Master of Musik, diplomierte Musikpädagogin und Kirchenmusikerin. Dozentin für Akkordeon, Dispokinesiopädie, Kammermusik und Methodik an den Musikakademien in Kassel (1998) und Wiesbaden (2002).
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